Koop-Konzept 2010

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Konzept zum Thema „Kooperationsklassen"

überarbeitete Fassung vom 28.09.2010

1. Ausgangssituation

Im Schuljahr 2000/ 2001 hat die Schule An Boerns Soll mit dem Aufbau von Kooperationsklassen an den allgemeinen Schulen begonnen, welche neben Integrationsklassen und Einzelintegration Möglichkeiten zur Realisierung gemeinsamen Unterrichts von Schülerinnen und Schülern mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf bieten. Die Schule führt zurzeit Kooperationsklassen in der Grundstufe sowie in der Sekundarstufe 1 an den Kooperationsstandorten Heideschule Buchholz, Grundschule Marschacht und Grundschule Ilmer Barg, Töste Realschule Tostedt, Grundschule Ashausen und an der IGS Buchholz. Im Bereich der Grundschule (Jahrgangsklassen 1-4) strebt die Schule An Boerns Soll eine vollständige Unterrichtung in Kooperationsklassen an. Die Fortführung der Kooperationsklassen in der Sekundarstufe 1 wird ausgebaut und an geeigneten Standorten erprobt. Ausgehend von der langjährigen Erfahrung mit der kooperativen Beschulung fassen die folgenden Überlegungen unserer Vorstellungen und Zielperspektiven für eine Weiterentwicklung der Kooperation zusammen:

2. Rechtliche Grundlagen

§ 4 des Niedersächsischen Schulgesetzes Schülerinnen und Schüler, die einer sonderpädagogischen Förderung bedürfen (§14 Abs. 2 Satz 1), sollen an allen Schulen gemeinsam mit anderen Schülerinnen und Schülern erzogen und unterrichtet werden, wenn auf diese Weise dem individuellen Förderbedarf der Schülerinnen und Schüler entsprochen werden kann und soweit es die organisatorischen, personellen und sächlichen Gegebenheiten erlauben. Im Grundsatzerlassentwurf Sonderpädagogische Förderung in Niedersachsen werden folgende Orte bzw. Organisationsformen der sonderpädagogischen Förderung angegeben:

  • Maßnahmen des Mobilen Dienstes,
  • Gemeinsamer Unterricht,
  • Kooperationsklassen,
  • sonderpädagogische Grundversorgung,
  • Förderschulen

3. Kooperationsverständnis und Zielsetzungen

3.1. Kooperation als Prozess

In Anlehnung an den Index für Inklusion ist Kooperation ein Ausgangspunkt für die Entwicklung einer gemeinsamen Beschulung aller Schülerinnen und Schüler.

  • Kooperation verstehen wir als einen Prozess der Entwicklung einer sinnvollen und erfolgreichen Zusammenarbeit.
  • Grundvoraussetzung für die Gestaltung gemeinsamen Unterrichts ist die grundsätzliche Information und Bereitschaft aller Beteiligten (Schüler, Eltern, Lehrer, Schulleitung) zur Kooperation.
  • Für den Erfolg der Kooperation ist nicht nur das kooperierende Team verantwortlich, sondern auch die Schulleitungen und die Kollegien der kooperierenden Schulen sowie alle für den Gesamtprozess der Schulentwicklung Verantwortlichen (Behörde, Elternräte, Schülerräte, etc...).
  • Innerhalb des Kooperationsprozesses gibt es Teilprozesse, deren Entwicklung der ständigen Gestaltung und Überprüfung bedürfen. Die Lehr-, Lern- und Teamentwicklungsprozesse müssen wegen der unterschiedlichen Organisation und Struktur der kooperierenden Schulen immer wieder aufeinander abgestimmt werden. Dabei sollten alle Beteiligten möglichst offen und kritisch mit dem Inhalt und der Form der Zusammenarbeit umgehen. Dazu gehört unseres Erachtens das allgemeine Stimmrecht in Konferenzen an der Kooperationsschule.

3.2. Zielsetzungen

Die folgenden Ziele beziehen sich auf den gesamten Lebens- und Lernort Schule und sprechen in ihrer Formulierung stets für beide beteiligten Schulformen. Auf der Ebene der sozialen Begegnung:

  • Schwellenängste werden abgebaut.
  • Im Miteinander wachsen Toleranz und Akzeptanz.

Auf der unterrichtlichen Ebene:

  • Es wird an einem gemeinsamen Gegenstand gelernt.
  • Nicht jeder Schüler und jede Schülerin lernt dasselbe am gemeinsamen Gegenstand.
  • Lernen wird auf allen Entwicklungsstufen gefördert. Dies beinhaltet eine umfassende Kenntnis des jeweils gemeinsamen Gegenstandes.

4. Umsetzung

Für eine gelingende Kooperation erachten wir die folgenden Aspekte als bedeutsam:

4.1. Rechtliche Aspekte

  • Die Grundlage für die Zusammenarbeit ist ein Kooperationsvertrag der kooperierenden Schulen.
  • Die Kooperationsklassen gehören organisatorisch weiterhin zur Förderschule An Boerns Soll.
  • Jede Schulform ist für die personelle Versorgung und sächliche Ausstattung ihrer Kooperationsklasse zuständig. Eine Zusammenarbeit in diesen Bereichen ist zu suchen.

4.2. Strukturelle und organisatorische Aspekte

4.2.1. Kooperationsstandorte

  • Es sollten möglichst wohnortnahe Kooperationszentren geschaffen werden.
  • Die Unterbringung mehrerer Kooperationsklassen an einer allgemeinen Schule erleichtert u.a. die personelle und sächliche Versorgung der Kooperationsklassen (z.B. Vertretung, behindertengerechte Ausstattung, Vorhandensein zusätzlicher Therapieräume etc.) und kann eine selbstverständlichere Einbeziehung der Kooperationsklassen in das Schulleben der allgemeinen Schulen begünstigen.

4.2.2. Klassenbildung

  • Ziel ist, dass die Gesamtzahl der Schüler und Schülerinnen bei den kooperierenden Klassen die Teilungsgrenze der betreffenden Klasse der allgemeinen Schulen (z.B. an den Grundschulen: 21+7) nicht überschreiten. Dies sollte auch in den rechtlichen Bestimmungen für die allgemeinen Schulen abgesichert werden.
  • Es findet eine altersbezogene Zuordnung der Kooperationsklassen statt.
  • An kooperativen Formen der Beschulung sollen alle Schüler und Schülerinnen mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung beteiligt sein, auch Schülerinnen und Schüler mit schweren Beeinträchtigungen und hohem Betreuungsbedarf.

4.2.3. Stundengestaltung

  • Es sollte eine Abstimmung der Stundenpläne erfolgen, welche gemeinsame Anfangszeiten, Pausen und Pausenaufsichten für alle Schüler und Schülerinnen berücksichtigt.
  • Weiterhin ist eine Flexibilisierung des Stundenplanes und -taktes anzustreben, wodurch projektorientiertes, fächerübergreifendes Lernen unterstützt wird.

4.2.4. Personelle Planung

  • Die Arbeit in Kooperationsklassen hat längere Arbeitszeiten für Lehrpersonal und Erzieherinnen sowie Erzieher des jeweiligen Teams zur Folge. Es gibt kaum Pausenzeiten, weil die Aufsicht in der Regel immer zu zweit erfolgt. Zudem ist der Mehraufwand der gemeinsamen Unterrichtsplanung nicht unerheblich. Deshalb sollte zukünftig bei der Personalplanung in Kooperationsklassen folgendes berücksichtigt werden:
  • Die Personalausstattung entspricht generell den Vorgaben der Förderschule bzw. der allgemeinen Schule. Um Pausenzeiten zu gewährleisten und die Teilnahme an Konferenzen der allgemeinen Schulen zu ermöglichen, ist eine zusätzliche personelle Versorgung anzustreben (z.B. durch Doppelbesetzung, Zivildienstleistende).
  • In diesem Zusammenhang sollte für jeden Kooperationsstandort ein tragfähiges Vertretungsund Pausenkonzept erarbeitet werden.
  • Um die Kommunikation unter den Beteiligten zu erleichtern, sollten möglichst wenig Fachlehrer und -lehrerinnen an der Kooperation beteiligt sein bzw. eine Kontinuität der Fachlehrer und -lehrerinnen gewährleistet sein.
  • Die an der Kooperation Beteiligten sollten Verfügungsstunden für die Planung und Reflexion des Kooperationsunterrichtes erhalten.

4.2.5. Möglichkeiten der Vorbereitung und Begleitung des kooperativen Prozesses

  • Es sollte eine langfristige Vorbereitung auf die kooperative Tätigkeit ermöglicht werden. In diesem Zusammenhang können sich z.B. eine frühzeitige Teambildung und gegenseitige Hospitationen als hilfreich erweisen.
  • Eine erfolgreiche gemeinsame Teamarbeit und Unterrichtsgestaltung verlangt zusätzliche< Besprechungszeiten. Die kooperierenden Organisationen und deren Behörden sollten sich dieses besonderen Aufwandes bewusst sein. Es wäre wünschenswert Möglichkeiten für gemeinsame Arbeitsbesprechungen und Konzeptentwicklung zu schaffen.
  • Regelmäßige Fortbildung unterstützt die Qualität der kooperativen Arbeit. Es wäre von großem Nutzen, wenn die Teams Anspruch auf Beratung, z.B. in Form von Supervision, Coaching, ggf. Prozessbegleitung und Fortbildung, hätten.

4.2.6. Mitbestimmung und Teilhabe

  • Es wäre sinnvoll, wenn sich die kooperierenden Klassen als fester Bestandteil des Standorts sehen und auch so von allen Mitgliedern der Schulen wahrgenommen würden. Hierfür ist Voraussetzung, dass sie deshalb über alle Vorgänge der Schulen gleichermaßen unterrichtet und in das Schulleben einbezogen werden.
  • Das Personal der Kooperationsklassen sollte an den Konferenzen und Dienstbesprechungen und anderen Gremien stimmberechtig teilnehmen.
  • Um an den Konferenzen der allgemeinen Schulen teilzunehmen, muss das Personal der Förderschule Entlastung aus einem Teil des Konferenzplanes der Förderschule erfahren.

4.3. Sachliche und räumliche Aspekte

  • Die Klassenräume der Kooperationsklassen sollten in unmittelbarer Nähe zu ihren Partnerklassen liegen.
  • Die Ausstattung der Kooperationsklassen sollte dem Standard der Förderschule mit Schwerpunkt geistige Entwicklung entsprechen. Das heißt: der Klassenraum sollte über eine Küchenzeile mit Geschirrspüler verfügen und eine Mindestgröße von 60qm nicht unterschreiten.
  • Neben dem Klassenraum sollten für bestimmte Maßnahmen weitere Räume, wie behindertengerecht ausgestattete Sanitärräume (Dusche, WC, Hubtisch zum Wickeln), Gruppen- und Materialräume und Räume für Therapien zu Verfügung stehen.
  • Behindertengerechte Zugänge zu dem Fachräumen und auf dem gesamten Schulgelände sollten vorhanden sein.

4.4. Kommunikation, Teamarbeit und unterrichtsorganisatorische Aspekte

  • Für die Schüler und Schülerinnen der Kooperationsklassen gelten die Lehrpläne der eweiligen Schularten. Sie sind Grundlage für die Planung des Unterrichts.
  • Es wäre wünschenswert, wenn für die gemeinsame Unterrichtsplanung, langfristige Stoffplanung, Reflexion und Durchführung des Unterrichts die unterschiedlichen Lehrpläne der kooperierenden Schulen miteinander abgestimmt und die Umsetzungsmöglichkeiten bezüglich individueller Lernziele der Schüler gemeinsam überprüft würden.
  • Eine gemeinsame Unterrichtsverantwortung mit wechselnder Aufgaben- und Rollenverteilung mit dem Ziel des Kompetenztransfers ist anzustreben.
  • Erfolgreiche Kooperation gelingt nur bei erfolgreicher Kommunikation der Beteiligten. Die Unterrichtsentwicklung und vor allem die inhaltliche Diskussion über Standards, Bewertung und Lernziele müssen gemeinsam stattfinden. Dieses setzt einen intensiven Austausch sowie eine professionelle Teamarbeit und damit verbundene Teamentwicklung mit regelmäßigen Teambesprechungen und der damit verbundenen zeitlichen Entlastung voraus (Anrechnungsstunden). In der Kooperation begünstigen offene Unterrichtsformen (z.B. projektorientiertes, fächerübergreifendes Arbeiten, Stationsarbeit, Freiarbeit....) das Lernen am gemeinsamen Gegenstand.
  • Innere Differenzierung ist eine Grundvoraussetzung für gemeinsames Lernen.

4.5. Elternarbeit

  • Die Eltern der Kooperationsklassen sollten rechtzeitig über die geplanten Vorhaben informiert und in die Vorbereitung der Einrichtung kooperativer Klassen einbezogen werden.
  • Bei Interesse sollten die Eltern kontinuierlich über die Inhalte des gemeinsamen Unterrichts, gemeinsame Aktivitäten und Lernfortschritte der Schüler und Schülerinnen informiert werden und sich aktiv an der Gestaltung des gemeinsamen Schullebens (Feste, Ausflüge, Projekte) beteiligen.