Sexualerziehungskonzept 2011

Download als PDF-Dtei
Dieses Konzept zur Sexualerziehung an der Schule An Boerns Soll wurde am 17.5.2011 von der Gesamtkonferenz der Schule ergänzt und verabschiedet.

A - Einleitung - Bedeutung der Sexualerziehung in der Schule

Die Sexualerziehung stellt einen wichtigen Erziehungsbereich der Schule dar. Sie soll die Schülerinnen und Schüler mit den Fragen der Sexualität altersgemäß vertraut machen, ihr Verständnis für Partnerschaft entwickeln und ihr Verantwortungsbewusstsein stärken. Dabei sind Zurückhaltung, Offenheit und Toleranz gegenüber verschiedenen Wertvorstellungen geboten. Der Unterricht soll den Reifegrad der Schülerinnen und Schüler und entsprechende entwicklungs­psychologische Aspekte berück­sichtigen. Verschiedene Fächer leisten hierzu einen Beitrag, wobei neben der Vermittlung biologisch-naturwissenschaftlichen Faktenwissens auch ethische, soziale, histori­sche und kulturelle Aspekte angemessen berücksichtigt und angesprochen werden. In diesem Kontext werden auch Verhütungsmethoden, Schutz vor ansteckenden Krankheiten und der Problembereich ungewollte Schwanger­schaften thematisiert. Sexualkundliche Themen sind im Kerncurriculum und in den Rahmenrichtlinien für die Abschlussstufe der Förderschule mit dem Schwerpunkt Geistige Entwicklung enthalten. Darüber hinaus werden Materialien und Medien, für die ein breit gefächertes Angebot existiert (z.B. von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung), sowie externe Fachleute (von PRO FAMILIA u.a.) in die schulische Arbeit sowie bei speziellen Angeboten wie z.B. informierenden Elternabenden einbezogen. Die Eltern sollen die Möglichkeit haben, ihre Fragen, Anregungen und Wünsche vor Beginn der Unterrichtseinheit mit dem Klassenteam zu besprechen. Ziel der Unterrichtung ist, dass sich die Erziehung im Elternhaus und die Erziehung in der Schule soweit wie möglich ergänzen. Der vertrauensvolle Dialog zwischen Schule und Elternhaus wird als sehr wichtig erachtet. In regelmäßigen Abständen wird von der Schule in Kooperation mit PRO FAMILIA eine abendliche Informationsveranstaltung zum Themenbereich „Sexualität und Pubertät“ für die Eltern und Erziehungsberechtigten angeboten.

B - Ziele und Schwerpunkte im Unterricht

Der gesetzliche Erziehungsauftrag der Schule schließt die Sexualerziehung als einen wichtigen und unverzichtbaren Teil der Gesamterziehung mit ein. Der Sexualerziehung liegt ein umfassender und ganzheitlich-personaler Begriff mensch­licher Sexualität zugrunde. Ziel ist es, den Schülerinnen und Schülern weit mehr, als ein sachlich fundiertes (biologisches) Wissen zur Sexualität zu vermitteln. Dieses Wissen soll ihnen helfen, personale, partnerschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle Zusammen­hänge im Bereich der Sexualität zu verstehen und sich ein eigenes Urteil zu bilden. Sie sollen durch die Reflexion fremder und eigener Erfahrungen lernen, die Bedeutung ihrer Gefühle und ihres Verstandes für ihr eigenes Verhalten und das anderer zu verstehen.

Inhalte der Sexualerziehung sind

  • Beziehungen und Sexualität
  • Geschlechterrollen
  • Familie und andere Formen des Zusammenlebens
  • sexuelle Orientierung und Identität
  • Körper und Sexualität
  • Empfängnisverhütung
  • Schwangerschaft
  • Schwangerschaftskonflikte und Kinderlosigkeit
  • Sexuelle Gewalt Sexuell übertragbare Erkrankungen (Hepatitis B, AIDS…)

siehe hierzu auch: Schuleigenes Curriculum Sachunterricht, Abschluss­stufenkonzept, Konzept zur Prävention sexualisierter Gewalt)

Im Unterricht sind Medien wichtige Erkenntnismittel im bereich de Sexual­erziehung. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Schule steht für die Sexual­erziehung eine Auswahl von Printmedien, audiovisuellen und realgegen­ständlichen Hilfsmitteln zur Verfügung. Die Interaktion zwischen den Lehr und Fachkräften und den Schülerinnen und Schülern werden durch sexualpäda­gogische Medien wirksam unterstützt. Die Fachkonferenz Sach­unterricht hat hierfür eine Sammlung von Materialien zusammengestellt, die allen Klassen zur Verfügung steht.

Es existiert eine Vielzahl von Unterrichtsmaterialien zur Sexualerziehung. Problematisch ist, dass nur ein geringer Teil auch behinderungsspezifische Pro­ble­me thematisiert. In der Sexualerziehung ist bei der Verwendung von Bildmaterial darauf zu achten, dass sowohl nichtbeeinträchtigte, als auch Menschen mit Behinderungen abgebildet sind. Dies sowohl, um Kindern mit Behinderungen zu zeigen, dass ihre Geschlechter­unterschiede denen der Nichtbehinderten entsprechen, als auch um Nichtbehinderten Schülern zu zeigen, dass auch Menschen mit Behinderungen eine Sexualität haben. Dies könnte zukünftig den Vorstellungen von der Asexualität behinderter Menschen entgegenwirken.

Stufenbezogene Schwerpunkte (Verschiebungen sind möglich)

 

Primarstufe (Kl. 1-4) Sekundarstufe I (Kl. 5-9) Abschlussstufe (Kl. 10-12)
Körperschema, Körperbewusstsein Der menschliche Körper
  • Begriffsbildung (Körperteile)
  • Erleben (Spiele, Matsch­raum, Psychomotorik, Senso­motorik, Sensorische Integration)
Körperschema, Körperbewusstsein
  • Begriffsbildung (Körperteile)
  • Geschlechtsmerkmale (Kind, Erwachsene)
  • sich selbst als Mann/Frau (Junge/Mädchen) erleben
  • Entwicklung (Junge/Mädchen)
  • Entwicklung der inneren Organe
  • körperl. Veränderung­en (Menstruation/Pollution)
Körperschema, Körperbewusstsein
  • Geschlechtsmerkmale und Geschlechtsfunktionen
  • Geschlechtsverkehr / Zeugung
  • Schwangerschaft
  • Geburt
  • Empfängnisverhütung
  • Selbstbefriedigung
  • Arztbesuche
Körperkontakt und Rollen­verhalten
  • Körperkontakt aufnehmen und akzeptieren
  • Abbau von Berührungsängsten
  • Abbau von Distanzlosigkeit
  • behutsamer Umgang mit Menschen, Tieren, Dingen
  • differenziertes Verhalten gegenüber Anderen
Körperkontakt und Rollen­verhalten
  • Rücksicht und Behutsamkeit
  • differenziertes Verhalten gegenüber Fremden, Vertrauten, Partnern
  • Rollenbewusstsein (Eltern, Lehrkräfte, Schüler, Klassenkamerad, Geschwister, Freunde, Verwandte)
  • Selbsteinschätzung (Stärken und Schwächen)
  • Entwicklung des Rollenverhaltens
  • Kontaktaufnahme
Körperkontakt und Rollen­verhalten
  • sexuelle Berührung
  • Freundschaft
  • Liebesbeziehung
  • Gleichgeschlechtliche Liebe
  • Erkrankungen (AIDS)
  • Rollenerwartungen / Selbsteinschätzung
  • Reaktion der Umwelt auf Behinderung
  • „Attraktivität“
  • Kontaktaufnahme
Gefühle
  • bei sich und Anderen erleben, erkennen, ausdrücken, akzeptieren
  • auf Gefühle Anderer eingehen
  • Ablehnung akzeptieren
  • angemessener Umgang mit Hilfe von Regeln
Gefühle
  • angemessener Umgang mit Gefühlen
  • Konfliktverhalten (Rollenspiele)
  • Entwicklung von Gefühlen und Einstellungen (Pubertät)
  • eigene und fremde Privatsphäre
  • Umgang mit Beeinträchtigungen
Gefühle
  • angemessener Umgang mit Gefühlen
  • Konfliktverhalten (Rollenspiele, Lösungsfindung)
  • Unterschied zwischen Freundschaft und Liebe
  • zärtlicher Umgang mit dem Partner
  • Möglichkeiten der Kontaktaufnahme
  • Liebeskummer
  • Eifersucht
Verhalten
  • An
  • und Ausziehen
  • Ent
  • und Bekleidungsregeln (Orte u. Arten der Kleidung)
  • allgemeine Hygiene
  • Toilettengang
  • angemessene Wortwahl
Verhalten
  • Hygiene, Duschen, Intimpflege, Gebrauch von Deo, Schminkutensilien
  • Kleidung (unterschiedliche Anlässe, geschlechtsspezifische Kleidung, Pflege)
  • Selbstwertgefühl
  • Gefährdung
  • Nähe
  • und Distanzverhalten
  • Regeln beim Ausdruck von Sexualität (z.B. nicht in der Klasse masturbieren)
  • Verhalten gegenüber dem Partner
Verhalten
  • Hygiene, Duschen, Intimpflege, Gebrauch von Deo, Schminkutensilien
  • Kleidung (unterschiedliche Anlässe, geschlechtsspezifische Kleidung, Pflege)
  • Zeiten und Orte für Liebesbeziehungen
  • Selbstbefriedigung (Ort)
  • Nähe
  • und Distanzverhalten
  • Gefährdung
    Lebensplanung
  • Wohn und Lebensformen
  • Partnerschaft (Ehe, Zusammenleben)
  • Kinder
  • Sterilisation
  • Schwangerschaftsabbruch
  • Persönliche Zukunftsplanung

C. - Besondere Aspekte schulischer Sexualerziehung in der Förderschule mit dem Schwerpunkt Geistige Entwicklung

Die Rolle der Lehrkräfte und heilpädagogischen Fachkräfte in der Sexualerziehung

Sexualerziehung ist ein fächerübergreifend zu unterrichtendes Thema. Schulische Sexualerziehung berührt einen sehr persönlichen Bereich der Schülerinnen und Schüler, daher ist hier besonderes Verantwortungsbewusstsein und Taktgefühl seitens der schulischen Mitarbeiter nötig. Persönliche Einschätzungen, Wertungen und Urteile der Mitarbeiter müssen sehr behutsam erfolgen, dabei ist die Intimsphäre der Kinder und Jugendlichen, ihre unterschiedliche Entwicklung, ihre Scham und ihre Unsicherheit zu achten. Sexualerziehung in der Schule kann nur in einer Atmosphäre gegenseitiger Rücksichtnahme und Achtung gelingen. Für eine sinnvolle Kommunikation ist eine Vertrauensbasis notwendig, in der alle Respekt vor der Intimsphäre des jeweils anderen zeigen. Um sich selbst zu entlasten und um Schülerinnen und Schülern ein breites Wissens und Erfahrungsspektrum zu ermöglichen, bietet die Zusammenarbeit mit Beratungsstellen und Selbsthilfeorganisationen den Lehrkräften eine konkrete Unterstützung. Ebenso ist die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen hilfreich. In den Schuljahren 2007/2008 und 2008/2009 werden in der Schule An Boerns Soll Mitarbeiter aller Stufen zu Multiplikatoren für den Themenbereich „Sexuelle Gewalt gegenüber Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen“ ausgebildet. Zeitgleich werden Unterrichtsmaterialien und Unterrichtseinheiten zur Prävention sexueller Gewalt erarbeitet und evaluiert. Sprache in der Sexualerziehung Kommunikation über Sexualität fällt trotz der starken medialen Präsenz sexueller Themen noch immer schwer und findet nur in geringem Umfang statt. Sprache ist das bedeutendste Medium des Unterrichts. Sie kann das Verstehen und das Verstanden-Werden fördern. Sie kann Gefühle, z.B. Zuneigung und Lust ausdrücken, sie kann aber auch verletzen, demütigen und diskriminieren. Diese Funktionen von Sprache im Unterricht mit Kindern und Jugendlichen zu reflektieren, dient im Bereich des Sexuellen der eigenen Standortfindung und dem Erwerb kommunikativer Kompetenz, die dazu beitragen kann, Vertrauen zu schaffen und Intimität zu schützen. Für den Umgang mit Sexualität und Sprache in der Sexualerziehung stellen sich folgende Aufgaben:

  • Mit den Schülerinnen und Schülern ist gemeinsam ein Konsens über die sprachliche Kommunikation im Unterricht zu entwickeln.
  • Im Unterricht sollen Erprobungsfelder für sprachliche Kommunikation über Sexualität bereitgestellt werden. Es soll den Schülerinnen und Schülern bewusst werden, dass Sprache situationsbezogen ist und dieselbe Aussage in einer intimen Situation anders wirkt als in der Öffentlichkeit.

Geschlechterrollen und Sexualerziehung Sexualerziehung erfolgt in der Schule grundsätzlich koedukativ. Es ist wichtig, die unter­schiedlichen Bedürfnisse und Interessen von Mädchen und Jungen zu berücksichtigen, die z.B. in Sprache, Idolen, Mode, Verhalten und Umgang miteinander zum Ausdruck kommen. Es bietet sich an, ihre spezifischen Fragen und Äußerungsformen als Motor für lebendiges Lernen in den Mittelpunkt des Unterrichts zu stellen. Eine geschlechts­differenzierte Sexualerziehung bietet die Chance, die sexuelle Identität der Kinder und Jugendlichen zu stärken, gegenüber dem anderen Geschlecht zu sensibilisieren und zur Gleichberechtigung von Frauen und Männern in der Gesellschaft beizutragen. Sie zielt ab auf ein reflektiertes Rollenverhalten in Bezug auf Eigenschaften und Verhaltensweisen, die als „typisch männlich“ oder „typisch weiblich“ bezeichnet werden. Das Infragestellen dieser erlernten und verinnerlichten Rollenzuweisungen kann für Mädchen und Jungen eine gute Gelegenheit sein, die eher dem anderen Geschlecht zugeschriebenen Verhaltensweisen für sich zu überprüfen und gegebenenfalls ins eigene Repertoire zu übernehmen. Um der partiell unterschiedlichen psychosexuellen Entwicklung von Mädchen und Jungen gerecht werden zu können, ist ein zeitweiliger Unterricht in geschlechtshomogenen Gruppen vorteilhaft. Dieser geschützte Rahmen ist besonders geeignet für das Persönlichkeitslernen, da hier kultur und geschlechtsspezifische Empfindungen von Mädchen und Jungen, insbesondere das Schamgefühl, angemessener berücksichtigt werden können. Es fällt leichter, sogenannte „heiße Eisen“ wie Selbstbefriedigung, Jungfräulichkeit, Homosexualität, sexuelle Gewalt und Pornografie mit einer Lehrperson des eigenen Geschlechts zu thematisieren. In der Mädchen und Jungenarbeit sollen die Themen Körper, Gefühle und sexuelle Wünsche behandelt werden, Ängste und Aggressionen berücksichtigt werden, Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit gegeben werden, Verhaltensweisen zu erproben, die klassischerweise als eher männlich gelten wie Aggressivität und Durch­setzungsvermögen oder als eher weiblich wie Nachgiebigkeit und Sensibilität. Gleichwertigkeit unterschiedlicher Lebensweisen Für ihre sexuelle Entwicklung brauchen Kinder und Jugendliche ein Klima, das die Vielfalt sexueller Möglichkeiten achtet. Alle Lebensweisen sind gleichwertig. Verschiedene Kulturen und Sexualerziehung Um die Sexualerziehung interkulturell auszurichten, ist eine wertschätzende Atmosphäre in der Lerngruppe von besonderer Bedeutung. Deshalb ist es wichtig, dass sich Lehrerinnen und Lehrer mit eigenen und fremden kulturellen Werte und Normen bezüglich Sexualität und Partnerschaft auseinandersetzen.

D. Sexualität und Behinderung

Hinsichtlich ihrer körperlichen Entwicklung gibt es zwischen Menschen mit und ohne Behinderungen keine grundsätzlichen Unterschiede. Sexuelle Wünsche und Empfindungen sind in beiden Gruppen vorhanden, bei Menschen mit geistiger Behinderung manchmal jedoch erst zeitversetzt erkennbar. Kinder und Jugendliche mit Behinderungen benötigen zur Ausbildung ihrer Persönlichkeit ebenso wie alle anderen von Geburt an die Unterstützung und Förderung ihrer psychosexuellen Fähigkeiten. Das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung wird Menschen mit Behinderungen mittlerweile zugestanden, die Umsetzung im Erziehungsalltag ist jedoch noch mit Schwierigkeiten verbunden. Bei der Erziehung von Menschen mit Behinderungen besteht die Gefahr, dass sie sich kaum an deren Wünschen und Bedürfnissen orientiert, sondern von den Befürchtungen und Ängsten der Betreuerinnen und Betreuer bestimmt ist. Menschen mit geistigen Behinderungen, die in starken Abhängigkeiten von ihren Bezugspersonen stehen, sind darüber hinaus stärker als andere durch sexuelle Übergriffe gefährdet. Häufig besitzen Kinder und Jugendliche mit Behinderungen ein reduziertes Körper und Selbstbild, das mit einem geringen Selbstwertgefühl verbunden ist. Gerade diese Kinder und Jugendlichen bedürfen deshalb einer besonderen Unterstützung in der Weiter­ent­wick­lung ihrer sozialen Kompetenzen, der realistischen Einschätzung ihrer Möglichkeiten und der Entwicklung von Handlungsperspektiven. Die Unterrichtsziele in der Sexualerziehung sind für Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderungen prinzipiell identisch. Es ist erforderlich, die sexuellen Wünsche und Bedürfnisse von Kindern mit und ohne Behinderungen gleichermaßen zu akzeptieren und in den Unterricht zu integrieren. Bei der Vermittlung der Unterrichtsinhalte ist der Stand der psycho-sexuellen, der psycho-sozialen und der kognitiven Entwicklung zu berücksichtigen. Je nach Art und Ausmaß der Behinderungen sind geeignete -auch nichtverbale – Methoden zu entwickeln und einzusetzen. Themen von besonderer Bedeutung sind: Partnerschaften von Menschen mit geistiger Behinderung, Kinderwunsch und Elternschaft Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Eltern darf nicht außer Acht gelassen werden.

E. Stellungnahme der Schülervertretung zum Thema „Austausch von Zärtlichkeiten auf dem Schulgelände“

Die Schülervertreter der Schule haben sich mit diesem Thema auf der letzten Schülervertretersitzung befasst. Wir sind zu folgenden Ergebnissen gekommen:

  1. Wir möchten, dass das Küssen und Umarmen auch in Zukunft erlaubt ist.
  2. Wir brauchen gewisse Freiheiten. Es kann nicht alles verboten werden. Wir wissen aber auch, dass in der Schule andere Regeln gelten als zu Hause. Das Anfassen der Geschlechtsteile darf in der Schule nicht erlaubt sein.
  3. Wir wissen, dass wir den jüngeren Schülern ein Vorbild sein sollen.
  4. Viele von uns können unseren Freund oder unsere Freundin nur hier in der Schule sehen, weil wir so weit auseinander wohnen.

F. Sexuelle Gewalt

Nach Carell und Leyendecker (1995) ist sexuelle Gewalt gegen Menschen mit Behinderungen als „jede bewusste, nicht zufällige, nicht zwangsläufig physische aber immer auch psychisch gewaltsame mit oder ohne Körperkontakt einhergehende sexuelle Handlung ohne Zustimmung des Opfers“ zu beschreiben. Dabei nutzt der Täter seine strukturelle, psychische oder physische Macht­position aus, um seine eigenen sexuellen Bedürfnisse zu befriedigen. Häufig ist mit sexueller Gewalt eine verbale Drohung verbunden und die Aufforderung, über das Geschehene zu schweigen. Die Einflussmöglichkeiten der Schule liegen vor allem in der Primärprävention. Dabei sind allgemeine Warnungen vor „Sittenstrolchen“ oder „fremden, bösen Männern“ eher geeignet, Kindern Angst zu machen, als ihnen zu helfen. Vielmehr kann durch Förderung der Ich-Stärke von Kindern und Jugendlichen die Gefahr reduziert werden, Opfer sexueller Gewalt zu werden. Ich-Stärke dokumentiert sich u. a. in folgenden Fähigkeiten:

  • den eigenen Körper bewusst wahrzunehmen,
  • über den eigenen Körper selbst zu bestimmen, klar „ja“ und vor allem auch „nein“ sagen zu können,
  • eigenen Gefühlen zu trauen und angenehme von unangenehmen Gefühlen zu unterscheiden,
  • offen über Sexualität kommunizieren zu können.

Es muss jedoch immer wieder deutlich gemacht werden, dass Kinder – unabhängig von ihrer Ich-Stärke nicht für sexuelle Übergriffe von Erwachsenen oder älteren Jugendlichen verantwortlich sind. Sexuelle Belästigungen, die in der Schule stattfinden, sind zu thematisieren. In Konfliktfällen ist es für Kinder und Jugendliche wichtig zu wissen, von wem sie Unterstützung erhalten können. Hier hat die Schule eine Informationspflicht. Haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den begründeten Verdacht, dass ein Kind oder Jugendlicher Opfer sexueller Gewalt ist, entsteht die Pflicht der Schule zur sekundären Prävention, d.h. zur Nutzung professioneller Hilfe. Keinesfalls sollte seitens der Schule kriminalistische Nachforschungen angestellt werden, auffällige Verhaltensweisen eigenständig gedeutet oder gar therapeutische Maßnahmen durchführt werden. Bevor Mitarbeiter sekundärpräventiv handeln, sollten sie sich mit Vertrauten über die beobachtete Situation austauschen, um Sicherheit in ihrem Urteil zu gewinnen. Die Schulleitung ist in Kenntnis zu setzen!

G. Prävention sexueller Gewalt (Verweis: Konzept zur Prävention sexueller Gewalt)

Mögliche Präventionsmaßnahmen zur Minderung der Gefahren sexueller Gewalt

  • Fort und Weiterbildungsmaßnahmen für Pädagogen, Therapeuten, Erzieher in sonder­pädagogischen Einrichtungen zu den Themenbereichen Sexuelle Gewalt, Sexualität als sensibilisierende Maßnahme (daran denken)
  • Entsprechende Wissensvermittlung für Menschen mit Behinderungen in Schule und Unterricht. Literaturbeispiel: Gisela Braun und Dorothee Wolters: Das große und das kleine Nein. Verlag an der Ruhr 1991
  • Offenheit für Fragen der sexuellen Gewalt und der Sexualität von Menschen mit Behinderungen
  • Benennen von Vertrauenspersonen in allen Einrichtungen
  • Selbstverteidigungstraining
  • Hilfeleistung bei intimen Pflegesituationen durch Personen gleichen Geschlechts.
  • Unterstützung einer Willensbildung des behinderten Menschen als Grundlage einer Abwehrmöglichkeit in Situationen des sexuellen Missbrauchs.

Literatur (Auszug)

  • Carell, Angela; Leyendecker, Christoph: Zum Problem des sexuellen Miss­brauchs körperbehinderter Menschen. In: Heilpädagogische Forschung Band XXI, Heft 2, 1995, 85-96
  • Färber, Hans-Peter; Lipps, Wolfgang; Seyfarth, Thomas (Hrsg.): Sexualität und Be­hin­derung – Umgang mit einem Tabu. Tübingen 1998
  • Pro Familia, Deutsche Gesellschaft für Familienplanung, Sexualpädagogik, und Sexual­beratung e.V. (Hrsg.): Sexualität und körperliche Behinderung. Frankfurt am Main 1997
  • Weinwurm-Krause, Eva-Maria (Hrsg.): Sexualerziehung in der Sonderschule. Hamburg 1995

Anhang

1. Rechtliche Grundlage

Niedersächsisches Schulgesetz - § 96
Mitwirkung der Erziehungsberechtigten in der Schule

4) 1Die Lehrkräfte haben Inhalt, Planung und Gestaltung des Unterrichts mit den Klassenelternschaften zu erörtern. 2Dies gilt vor allem für Unterrichtsfächer, durch die das Erziehungsrecht der Eltern in besonderer Weise berührt wird. 3Die Erziehungs­berechtigten sind insbesondere über Ziel, Inhalt und Gestaltung der Sexualerziehung rechtzeitig zu unterrichten, damit die Erziehung im Elternhaus und die Erziehung in der Schule sich soweit wie möglich ergänzen. 4Die Sexualerziehung in der Schule soll vom Unterricht in mehreren Fächern ausgehen. 5Sie soll die Schülerinnen und Schüler mit den Fragen der Sexualität altersgemäß vertraut machen, ihr Verständnis für Partnerschaft, insbesondere in Ehe und Familie, entwickeln und ihr Verantwortungsbewusstsein stärken. 6Dabei sind ihr Persönlichkeitsrecht und das Erziehungsrecht der Eltern zu achten. 7Zurückhaltung, Offenheit und Toleranz gegenüber verschiedenen Wertvor­stellungen in diesem Bereich sind geboten.

2. Wichtige Telefonnummern in schulischen Krisensituationen

Notfallrufnummern

Einrichtung Name Telefon
Polizei    
Feuerwehr   112
Ansprechpartner Polizei
Einrichtung Name Telefon
Örtliche Polizeidienststelle Buchholz   04181-2850
Ansprechpartner Schule der Polizei Buchholz Hr. Kaulbarsch 04181-2852218
Örtliche Polizeidienststelle Winsen (Luhe) Hr. Freienberg (Leitung) 04171 796-0
Ansprechpartner Schule der Polizei Winsen Hr. Kraßmann 04171 – 796187
Örtliche Polizeidienststelle Tostedt   04182 28000
Örtliche Polizeidienststelle Marschacht   04176 7700?
Beauftragte(r) für Jugendsachen im
Präventionsteam der Polizeiinspektion
Hr. Vietgen 04181-2852111

 

Landesschulbehörde

Einrichtung Name Telefon
Schulfachliche Dezernentin bzw.
schulfachlicher Dezernent der Landesschulbehörde Lüneburg
RSDin Maria Schult 04131-152750

Schulpsychologische Dezernentin bzw.

schulpsychologischer Dezernent Winsen (Luhe)

Hr. Aue

Fr. Kommert

Fr. Koch

04171-658552

04171-658544

04171-658553

p>Schulpsychologische Dezernentin bzw.

schulpsychologischer Dezernent Landesschulbehörde Lüneburg

Hr. Müller-Malchartzeck

Fr. Hullmann

Fr. Wilhelm

Fr. Henke

04131-152782

04131-152107

04131-152824

04131-152806

Ansprechpartner des Krisen und Notfallteams der LSchB Zentrale LSchB 04131-150
Dezernat 6 Meldung besonderer Vorkommnisse Hr. Bernd Schwarznecker (Leitung) 04131-152765
Pressestelle LSchB Fr. S. Strätz 04131 15 2005

 

Behörden

Einrichtung Name Telefon
Jugendamt Allgemeiner Sozialdienst

Hr. F. Schaffeld

Hr. J. Schwarz

04171 693-542

04171 693-617

Gesundheitsamt, Schul und Jugendarzt Fr. Schwemin 04171 693-372
Jugendärztlicher Dienst Buchholz  

04181 13-1930

04181 13-1932

Gemeinde-Unfallversicherungsverband GUV Hannover 0511 8707-0?

 

Schule

Einrichtung Name Telefon
Schulinternes Krisenteam Ansprechpartner

Martin Ihlius

Jörn Gnaß

04181-5264

0157-71544979

0172-9031505

Beratungslehrerin / Beratungslehrer N.N.  
Schulelternrat Fr. T. Siegel 04181-35654

 

Weitere Ansprechstellen zur Beratung, Hilfe und Weitervermittlung

Einrichtung Name Telefon
Kinder und Jugendpsychiatrie LKH Lüneburg

04131 601740

04131 600

Kinder und Jugendpsychiatrie Buchholz Dr. med. M. Heyken 04131 601740
Erziehungsberatungsstelle Winsen Hr. G. Mangliers

04171 61640

04171 61940

Erziehungsberatungsstelle Buchholz   04181 9693-93
Psychologische Beratungsstelle Psych. Klinik Lüneburg 04131 60-2002
Deutscher Kinderschutzbund Buchholz 04181-380636
Weißer Ring   01803 – 343434
Weißer Ring Hollenstedt Hr. G. Bornfleth 04165 2160470